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Béla Bartók
Musik für Saiteninstrumente, Schlagzeug und Celesta, für Saiteninstrumente, Schlagzeug und Celesta
UE34129
Ausgabeart: Studienpartitur
Reihe: Neue Studienpartituren-Reihe
Format: 170 x 240 mm
Seiten: 176
ISMN: 979-0-008-08009-8
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Hörbeispiel
Beschreibung
Béla Bartók schrieb das viersätzige Werk im Auftrag des Basler Kammerorchesters und seines Dirigenten Paul Sacher, dem es auch gewidmet wurde. In einem Brief vom 27. Juni 1936 lesen wir bi Bartók: „Und zwar denke ich an ein Werk für Saiten- und Schlaginstrumente (also außer Streichern noch Klavier, Celesta, Harfe, Xylophon und Schlagzeug); ich nehme an, dass diese Besetzung keinerlei Schwierigkeiten verursacht. Heikler ist schon die Erfüllung des Wunsches, dass das Werk nicht allzu schwierig sein soll. Technische Schwierigkeiten werde ich wohl möglichst vermeiden können; schwieriger ist aber die Vermeidung rhythmischer Schwierigkeiten. Wenn man etwas Neues schreibt, so stellt das bloß wegen der Ungewohntheit bereits Schwierigkeiten an die Ausführenden. Jedenfalls werde ich auch da trachten, je leichter Spielbares zu schreiben. Schließlich schreibe ich ja niemals ausgerechnet mit der Absicht, je schwieriger Ausführbares zusammenzubringen.” Im September des gleichen Jahres setzte Bartók den Schlussstrich unter das Werk. Die Uraufführung fand am 21. Januar 1937 in Basel statt. Der Komponist war zugegen.
Der erste Satz ist ein Muster an Formstrenge: Die Bratschen beginnen „con sordino”. Ähnlich wie in der Fuge folgen die Themeneinsätze im Quintabstand, und zwar beim 2., 4., 6. Einsatz (usw.) jeweils eine Quinte höher, beim 3., 5., 7. Einsatz (usw.) dagegen eine Quinte tiefer, bis mit der Es-Tonalität die entfernteste Tonart und zugleich der Spannungshöhepunkt erreicht wird. Danach folgen Einsätze des Themas in der Umkehrung. Im Pianissimo ist die Grundtonart wieder erreicht. Ein zwingendes, faszinierendes Stück Musik von einer geistigen Verdichtung, die fast die Bezirke des Transzendenten streift.
Von größter Unmittelbarkeit ist der zweite Satz, geschrieben in Sonatenform und raffiniert zugleich die Rhythmik, reizvoll die Anklänge an Themen der beiden Ecksätze, charakteristisch der Wechsel zwischen „pizzicato” und „arco” bei den beiden Streichergruppen. Geheimnisvoll beginnen Xylophon und Pauken den dritten Satz. Wenn der Anfangssatz in seiner differenzierten Chromatik an die Welt Arnold Schönbergs erinnert, scheinen im Adagio impressionistische Einflüsse spürbar zu werden: Arpeggien und Glissandi von Harfe, Celesta, Klavier und Pauken, kontrastiert durch die hohen Lagen des Xylophons, ergeben eine abseitige und doch aparte Klangpalette von größter persönlicher Eigenart. Der geschlossene Ablauf des Ganzen wird durch diese Musik des Spirituellen weder unterbrochen noch gestört. Durch Bartóks Persönlichkeit und überragendes Können werden auch die scheinbar größten Gegensätze vereint. In ungestümer Musizierlust beginnt das Final-Allegro. Stampfende Rhythmen springen uns gleichsam an, überrennen uns, wir können uns dem vitalen und aggressiven Musizieren nicht entziehen. Das ist ein Zusammenklang von elementarer ungarischer Volksmusik und Kunstmusik von höchster Reife und Vollendung, ein Zusammenklang, wie er in dieser zwingenden Vollkommenheit nur bei Bartók möglich war.
Am 30. Januar 1929 veranstaltete Béla Bartók in Basel einen Konzertabend mit eigenen Kompositionen, unter Mitwirkung zweier in der Schweiz ansässiger Musikerinnen ungarischer Herkunft, der Geigerin Stefi Geyer und der Sängerin Ilona Durigo. Im Zuschauerraum saß ein 22-jähriger Dirigent, der Leiter des 1926 gegründeten Basler Kammerorchesters, dessen Ziel es war, Aufführungen der damals nur wenig bekannten Alten Musik sowie auch der weitgehend unbekannten Neuen Musik zu fördern. Dieser junge Dirigent war Paul Sacher. Die schicksalhafte Begegnung zwischen Béla Bartók und Paul Sacher sollte die Musik des 20. Jahrhunderts durch drei Meisterwerke bereichern. Das erste unter ihnen war die Musik für Saiteninstrumente, Schlagzeug und Celesta (1936), diesem folgten in kurzer Zeit die Sonate für zwei Klaviere und Schlagzeug (1937) und das Divertimento für Streichorchester (1939).
Die Musik, die Paul Sacher an diesem Kompositionsabend im Jahr 1929 hörte – so erzählte er vier Jahrzehnte später dem Autor dieser Zeilen – hatte eine starke Wirkung auf ihn ausgeübt. Dieses Erlebnis und wohl auch der immer größer werdende Erfolg des Komponisten motivierten Sacher, bei Bartók ein neues Werk für das Festkonzert zum 10. Jahrestag des ersten Auftritts seines Basler Kammerorchesters am 21. Januar 1937 in Auftrag zu geben. Laut Sachers Brief vom 23. Juni 1936, der Bartók während seines Sommerurlaubs in Braunwald in der Schweiz erreichte, hatten Arthur Honegger, Conrad Beck und Willy Burkhard bereits zugesagt, je ein neues Werk von etwa 15 Minuten Aufführungsdauer zu schreiben (eine Komposition Honegggers schien allerdings nicht auf dem Programm des Festkonzerts auf). Sachers Brief ging auch auf organisatorische, rechtliche und finanzielle Fragen ein: Es stünde ein Ensemble von etwa 30 Streichern zur Verfügung, und diese Besetzung könne im Bedarfsfall noch durch Klavier, Cembalo oder irgendein Schlaginstrument ergänzt werden. Der Dirigent bat ausschließlich um das Uraufführungsrecht des neuen Werkes, wofür er dem Komponisten 500 Schweizer Franken anbot. Ferner schrieb er: „Vielleicht darf ich noch beifügen, dass das Werk technisch nicht allzu schwierig sein sollte, da ich es auch in unser Répertoire für Gastkonzerte übernehmen möchte.“
Schon am 27. Juni 1936 erfolgte Bartóks positive Antwort. Er sei bereit, ein Werk zu den von Sacher erwähnten Bedingungen zu schreiben. „Und zwar denke ich an ein Werk für Saiten- und Schlaginstrumente (also ausser Streicher[n] noch Klavier, Celesta, Harfe, Xylophon und Schlagzeug); ich nehme an, dass diese Besetzung keinerlei Schwierigkeiten verursacht.“
Der Antwortbrief nahm auch zu aufführungstechnischen Fragen Stellung: „Heicklicher ist schon die Erfüllung des Wunsches, dass das Werk nicht allzu schwierig sein soll. Technische Schwierigkeiten werde ich wohl möglichst vermeiden können; schwieriger ist aber die Vermeidung rhythmischer Schwierigkeiten. Wenn [man] etwas Neues schreibt, so stellt das bloss wegen der Ungewohnheit bereits Schwierigkeiten an die Aufführenden. Jedenfalls werde ich auch da[nach] trachten, je leichter Spielbares zu schreiben. Schliesslich schreibe ich ja niemals ausgerechnet mit der Absicht, je schwieriger Aufführbares zusammenzubringen.“
Diesen Zeilen ist zu entnehmen, dass der Komponist zu dem Zeitpunkt, an dem er seinen Antwortbrief verfasste, bereits konkrete Vorstellungen bezüglich Thematik und Klangfarben seines künftigen Werkes hatte. Um das klangliche Spektrum seiner Kompositionen zu bereichern, beschäftigte er sich damals intensiv mit den Klangfarben und Kombinationsmöglichkeiten verschiedener Schlaginstrumente. In den 1930er Jahren borgte er sich eine Garnitur solcher Schlaginstrumente von der Budapester Instrumentenfabrik Sternberg aus, um damit zu Hause experimentieren zu können. Nach seiner Rückkehr nach Budapest machte sich Bartók sogleich an die Arbeit, denn es standen ihm für die Fertigstellung der Partitur nicht mehr als zehn Wochen zur Verfügung (unterbrochen durch einen kurzen Aufenthalt im Tatra-Gebirge und die Vorbereitung einer längeren Reise in die Türkei). Der Entwurf der formalen Proportionen, für Bartók stets eine vorrangige Aufgabe, zeigte schon in einem frühen Stadium der Arbeit, dass die vorgegebene Dauer überschritten werden würde: Das neue Werk würde 24-25 Minuten dauern und aus vier Sätzen bestehen.
Die Partitur war am 7. September 1936 fertig. Wegen des Zeitdrucks wich der Komponist von seiner üblichen Arbeitsmethode ab: Anstatt mit der Ausarbeitung eines Particells oder Partiturentwurfs zu beginnen, machte er sich sofort an die Reinschrift, die er im Laufe der Monate September und Oktober noch weiter verfeinerte. Seinem Verlag, der Universal Edition in Wien, verblieb die Aufgabe, auf Basis dieses nicht leicht lesbaren Autographs so schnell wie möglich eine lithographierte Dirigierpartitur und danach die Orchesterstimmen herzustellen. Zu jener Zeit bestand das Basler Kammerorchester zum Teil aus Amateuren, wodurch Sacher genötigt war, so früh wie möglich, d. h. bereits Ende November, mit der Probenarbeit zu beginnen.
Bartók teilte seinem Verleger erst am 22. Dezember 1936 den definitiven Titel seines Werkes mit: Musik für Saiteninstrumente, Schlagzeug und Celesta (in 4 Sätzen).
Der Komponist kam am 19. Januar 1937 in Basel an, um den beiden letzten Proben beizuwohnen. Es war für ihn äußerst wichtig zu kontrollieren, ob die Orchestermitglieder imstande waren, seine technischen Neuerungen (Glissandospiel, „knallendes“ Pizzicato, Arpeggioeffekte in beide Richtungen usw.) zu realisieren. Beruhigt schrieb er seiner Frau in Budapest, dass, trotz seiner Erwartungen, alles gut – fast einwandfrei – ginge. Das Festkonzert am 21. Januar, bei welchem Bartóks Werk am Ende des Programms stand, bescherte sowohl dem Komponisten wie auch den Ausführenden einen großen Erfolg. Der letzte Satz musste sogar wiederholt werden. Der Werbeprospekt der Universal Edition berichtete bald von einem weltweiten Siegeszug: annähernd über 50 Aufführungen in einem Jahr. Die Musik für Saiteninstrumente, Schlagzeug und Celesta erlebte Erstaufführungen in Genf und Lausanne unter der Leitung von Ernest Ansermet, in Berlin durch Wilhelm Furtwängler, in Paris wieder durch Paul Sacher, in Budapest durch Ernst v. Dohnányi, in New York durch Sir John Barbirolli, in Philadelphia durch Eugene Ormándy usw.
Es ist evident, dass die Musik für Saiteninstrumente, Schlagzeug und Celesta nicht nur ein Hauptwerk innerhalb von Bartóks Œuvre darstellt, sondern sich auch als musikalisches Schlüsselwerk des 20. Jahrhunderts etabliert hat. Es entstand eine regelrechte wissenschaftliche Literatur, welche dieses Werk zum Thema hat. Daraus sind an dieser Stelle zwei Studien hervorzuheben: Die eine ist eine Stilanalyse von Erno Lendvai (1955), welche völlig neue Aspekte in der Bartók-Forschung aufzeigte. In dieser Abhandlung wurden erstmals jene formalen und harmonischen Gesetzmäßigkeiten entdeckt, die dem Werk zugrunde liegen (Goldener Schnitt, Achsen-System usw.). Die andere Arbeit ist Felix Meyers Vorwort zur Faksimileausgabe des Werkes (2002), in welchem er nach ausführlicher Darstellung der Entstehungsgeschichte zu wichtigen grundlegenden Erkenntnissen gelangt. Statt einer weitergehenden stilistischen Analyse mögen hier jene knappen Informationen genügen, die Bartók am 10. April 1937 seinem Verleger sandte:
„I. Satz, in A. Nach gewissen Prinzipien ziemlich streng durchgeführte Fugen-Art. Un[d] zwar: der 2. Einsatz tritt um eine Quinte höher, der 4. im Verhältnis zum 2. wiederum um eine Quinte höher ein, der 6., 8. ebenso usw.; der 3. 5. 7. usw. dagegen immer je um eine Quinte tiefer. Nachdem in beiden Richtungen die entfern[te]ste Tonart – Es – erreicht ist (Höhepunkt des Satzes) bringen die weiteren Einsätze das Thema in der Umkehrung, bis wiederum die Grundtonart – A – erreicht wird, wonach eine kurze Coda folgt. N.b. 1.) manche Nachbareinsätze erscheinen in Engführung 2.) manche der Einsätze bringen das Thema nicht in vollständiger Gestalt, sondern nur einen Bruchteil desselben.
II. Satz, in C. Sonatenform (Seitensatz in G). In der Durchführung erscheint auch das Thema des I. Satzes in veränderter Gestalt, ferner eine Anspielung auf das Hauptthema des IV. Satzes. Die Wiederkehr ändert den 2/4 Rhythmus der Exposition in einen 3/8 Rhythmus.
III. Satz, in Fis. ,Brückenform’: A, B, C, B, A. Zwischen den einzelnen Abschnitten erscheint je ein Abschnitt des Themas des I. Satzes.
IV. Satz, in A. Formschema: A+B+A, C+D+E+D+F, G, A. G-Teil (Takt 203-234) bringt das Hauptthema des I. Satzes, aber in einer, aus der ursprünglichen chromatischen Form in’s Diatonische ausgedehnten Form.“
Bartóks Information ist zwar präzise, seine Ausführungen beziehen sich jedoch nur auf den Aspekt der formalen Konstruktion. Der Weltruhm des Werkes beruht jedoch nicht nur auf dessen formalen Prinzipien. Die meisterlich aufgebaute Form dient hier zum Rahmen für eine neue symphonische Dramaturgie, für eine neue Poesie von unwiderstehlicher Wirkung. Der erste Satz stellt – in dichter Chromatik – eine Neue Kunst der Fuge vor. Der zweite Satz ist ein Allegro-barbaro-artiges, wildes Scherzo, hervorgegangen aus einem der „Visitenkarten-Motive“ Bartóks. Der dritte Satz ist ein vom ungarischen Volkslied inspiriertes Klagelied, eingerahmt von Furcht erregenden Klängen der Natur. Als Bartók diesen Satz in Antwerpen einmal hinter der Bühne hörte, sagte er zu seinem Kammermusikpartner, dem Geiger André Gertler: „Horchen Sie jetzt auf, es sind Geräusche des Meeres und der Wellen: Alle Töne der Tonleiter klingen zugleich!“ Nach der Katharsis der vorigen Sätze gibt das Finale im vierten Satz schließlich Raum für Läuterung und Hoffnung.
Die vier Sätze stellen vier, trotz ihrer monothematischen Konzeption selbstständige Charaktere dar. Aus einer komplementären Reihe einander ergänzender Stimmungen entwickelt sich – durch die ständige Wiederkehr des Fugenthemas aus dem ersten Satz – eine organische Einheit. Das Thema erscheint entweder in seiner Grundgestalt oder in Umkehrungen, einmal in der Form langsamer, angstvoller Chromatik, das andere Mal als Ausdruck hymnisch freudiger Diatonik – ein Meisterwerk der Konstruktion, ein Meisterwerk der musikalischen Dichtkunst.
Ferenc Bónis, 2008
Inhaltsverzeichnis
1. Satz - Andante tranquillo
2. Satz - Allegro
3. Satz - Adagio
4. Satz - Allegro molto
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Format: 170 x 240 mm
Seiten: 176
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