

Anton Webern
6 Bagatellen
Dauer: 3'
Instrumentierungsdetails:
1. Violine
2. Violine
Viola
Violoncello
Webern - 6 Bagatellen für Streichquartett
Übersetzung, Abdrucke und mehr

Anton Webern
Webern: 6 Bagatellen für Streichquartett - op. 9Instrumentierung: für Streichquartett
Ausgabeart: Taschenpartitur

Hörbeispiel
Werkeinführung
1911 schrieb Webern vier Sätze
für Streichquartett (die späteren Nr. 2
bis 5 des op. 9) und fasste sie unter dem Titel 2. Streichquartett zusammen. Nach dem unproduktiven Stettiner Jahr
begann er 1913 erneut mit der Komposition von drei Stücken für diese Besetzung,
deren mittleres nach dem Vorbild von Schönbergs 2. Streichquartett auch eine Singstimme vorsah (den Text schrieb
Webern selbst). Schließlich plante er, auch die heute als op. 5 bekannten Sätze mit den beiden späteren Zyklen zu einem
einzigen Opus zu vereinigen, ließ dieses Vorhaben aber wieder fallen und
stellte die vier Stücke von 1911 mit den beiden rein instrumentalen von 1913
zusammen. Die Uraufführung dieses op. 9
fand 1924 in Donaueschingen mit dem Amar-Hindemith-Quartett statt, im selben
Jahr erschien die Partitur mit einem Vorwort von Arnold Schönberg.
Diese 6 Bagatellen sind für die Entwicklung Weberns wie der Neuen Musik
insgesamt von entscheidender Bedeutung. Nie zuvor wurde so konzentrierte Musik
geschrieben, Musik, die so radikal auf alles Nebensächliche, Formelhafte, auf
alle Floskeln verzichtete. Die Bedeutung selbst des minimalsten Details ist
ungeheuer angewachsen; wenige Töne vertreten nun das, wozu in früherer Musik
ausgedehnte Durchführungsteile benötigt wurden. Der Formverlauf der Stücke wird
durch Tempomodifikationen (rit., accel.) verdeutlicht, doch sind alle von einem
starken durchgehenden Impuls beherrscht, der im dritten und vierten Stück in
rhythmischem Pochen manifest wird. Tonale Relikte sind praktisch völlig
verschwunden, die Stimmführung und die Gestaltung der Melodiefragmente
orientieren sich vor allem an Kleinsekundzusammenklängen.
Webern selbst hat den
Kompositionsvorgang anschaulich geschildert: „Ungefähr 1911 habe ich die Bagatellen für Streichquartett (op. 9) geschrieben, lauter kurze Stücke,
die zwei Minuten dauern; vielleicht das Kürzeste, das es in der Musik bisher
gegeben hat. Ich habe dabei das Gefühl gehabt: Wenn die zwölf Töne abgelaufen
sind, ist das Stück zu Ende. ... Ich habe in meinem Skizzenbuch die
chromatische Skala aufgeschrieben und in ihr einzelne Töne abgestrichen. –
Warum ? – Weil ich mich überzeugt hatte: der Ton war schon da. – Es klingt
grotesk, unbegreiflich, und es war unerhört schwer. – Das Gehör hat absolut richtig entschieden,
daß der Mensch, der die chromatische Skala aufgeschrieben und in ihr einzelne
Töne abgestrichen hat, kein Narr war.“
Schönberg schrieb im Vorwort zur Partiturausgabe: „Man bedenke, welche
Enthaltsamkeit dazu gehört, sich so kurz zu fassen. Jeder Blick läßt sich zu
einem Gedicht, jeder Seufzer zu einem Roman ausdehnen. Aber: einen Roman durch
eine einzige Geste, ein Glück durch ein einziges Aufatmen auszudrücken: solche
Konzentration findet sich nur, wo Wehleidigkeit in entsprechendem Maße fehlt.
Diese Stücke wird nur verstehen, wer dem Glauben angehört, daß sich durch Töne
etwas nur durch Töne Sagbares ausdrücken läßt.“
Manfred Angerer