

Erich Wolfgang Korngold
Der Schneemann
Kurz-Instrumentierung: 2 2 2 2 - 4 2 3 0 - Trgl, grTr, Glsp, klTr, Cel, Hf, Pk, Str
Dauer: 39'
Choreograph: Haßreiter
Bearbeitung: Alexander Zemlinsky
Solisten:
Violine
Trompete in C (+ große Glocke)
Instrumentierungsdetails:
1. Flöte
2. Flöte (+ Picc.)
1. Oboe
2. Oboe
1. Klarinette in B (+ Kl.(A))
2. Klarinette in B (+ Kl.(A))
1. Fagott
2. Fagott
1. Horn in F
2. Horn in F
3. Horn in F
4. Horn in F
1. Trompete in C (+ Trp.(F))
2. Trompete in C (+ Trp. in A)
1. Posaune
2. Posaune
3. Posaune
Pauken
Triangel
große Trommel (+ Bck.)
Glockenspiel (+ Xyl.)
kleine Trommel
Harfe
Celesta
Violine I
Violine II
Viola
Violoncello
Kontrabass
Violine (Solo)
Trompete in C (Solo) (+ große Glocke)
Korngold - Der Schneemann für Orchester
Gedruckt/Digital
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Erich Wolfgang Korngold
Korngold: Der SchneemannInstrumentierung: für Orchester
Ausgabeart: Dirigierpartitur
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Hörbeispiel
Werkeinführung
Mit der Klavierfassung des Balletts Der Schneemann startete der erst 11-jährige Erich Wolfgang Korngold seine Karriere. Von seinem Lehrer Alexander Zemlinsky orchestriert, wurde die Pantomime am 4.Oktober 1910 an der Wiener Hofoper uraufgeführt.
Der Erfolg des Frühwerkes beruht ganz besonders auf der originellen Melodie und der außergewöhnlichen Thematik und machte „den kleinen Korngold“ über die Grenzen Wiens hinaus bekannt. Die Musik ist überaus charmant, voller raffinierter melodischer und harmonischer Einfälle und wirkt überhaupt nicht kindlich.
Obwohl das Werk heute nur noch selten aufgeführt wird, feierte Der Schneemann im frühen 20. Jahrhundert eine sehr erfolgreiche Premiere und war unter den Orchesterwerken dieser Zeit außerordentlich beliebt. Korngold komponierte diese Programmmusik, die auf einer von seinem Vater verfassten Commedia dell’arte basiert, im jungen Alter von 13 Jahren ursprünglich für Klavier.
Die Eröffnungsszene spielt auf einem Marktplatz, auf den das große Aussichtsfenster von Pantalons Haus zu sehen ist. An diesem Fenster erscheint Columbine, Pantalons Nichte. Der Musiker Pierrot möchte Columbine ein Ständchen singen, wird aber von Pantalon zurückgewiesen. Daraufhin kauft Pierrot einen lebensgroßen Weihnachtsmann als Geschenk für Columbine. Er möchte ihr dieses Geschenk bringen lassen, was aber von einigen Kindern verhindert wird, die mit Schneebällen werfen. Die Kinder bauen dann vor Columbines Fenster einen Schneemann.
Pierrot zieht sich ein Schneemannkostüm an und stellt sich an den Platz des Schneemanns, den die Kinder gebaut haben. Columbine blickt den Schneemann sehnsuchtsvoll an und Pantalon, den diese Situation irritiert, verlangt, dass der Schneemann ins Haus kommt. Pierrot kommt seiner Bitte nach und jagt den Dienern dabei einen gehörigen Schrecken ein. Pantalon, der in der Zwischenzeit eine ganze Flasche Wein geleert hat, sieht jetzt plötzlich mehrere Schneemänner vor sich. Irgendwann schläft er ein. Columbine und Pierrot schwören sich gegenseitig die Liebe und laufen gemeinsam davon. Als Pantalon erwacht, will er das Paar suchen, doch mittlerweile steht der echte Schneemann wieder an seinem Platz im Hof. Voller Zorn zerschlägt er den Schneemann in hunderte Stücke, während die Kinder spottend um ihn herum tanzen.
Die Partitur von Der Schneemann wurde von der Universal Edition unter der Bedingung publiziert, sie nicht für die öffentliche Aufführung freizugeben und stattdessen nur einem kleinen Kreis von Musikern und Komponisten zur Verfügung zu stellen. Es war Julius Korngold, der die öffentliche Verbreitung der Kompositionen seines Sohns untersagte. Der Grund war, dass er befürchtete, seine eigenen Feinde würden Kritik an der Musik seines Sohns üben, um sich für die kritischen Standpunkte des Vaters zu rächen. Gustav Mahler, Richard Strauss und Giocomo Puccini lobten das Werk in den höchsten Tönen und nannten Korngold das wichtigste musikalische Wunderkind seiner Generation.
Die Universal Edition aber veröffentlichte Der Schneemann. Das Werk erlangte die Aufmerksamkeit der Baronesse von Nienerth, der Frau des damaligen Premierministers. Sie bat darum, das Werk auf einem Empfang aufzuführen, den sie im Palast des Ministerpräsidenten gab. Und so fand die Uraufführung von Der Schneemann in einer Fassung für Klavier zu vier Händen mit Violinen-Obbligato am 14. April 1910 unter ihrer Schutzherrschaft statt. Es traten Korngold und Richard Pahlen am Klavier, Fritz Brunner an der Violine gemeinsam mit den Tänzern des kaiserlichen Balletts auf. Das Werk wurde so gut angenommen, dass es am 26. April 1910 auf einem Benefizkonzert für das Witwen- und Waisenhaus des Kaisers Franz Josef erneut aufgeführt wurde. Bei diesem ausverkauften Konzert saß die Elite der Wiener Gesellschaft im Publikum. Schon bald folgte die Einladung, eine Orchesterversion des Werks bei einem Konzert zur Feier des Namenstags von Kaiser Franz Josef aufzuführen.
Obwohl Korngold damals bereits ein erfahrener und begabter Komponist war, hatte er gerade erst begonnen, bei Zemlinsky Orchestrierung zu studieren. Er verfügte noch nicht über genügend Erfahrung, um das Werk für ein vollständig besetztes Orchester umzuschreiben. Daher wurde entschieden, dass Zemlinsky die Orchestrierung selbst übernehmen sollte. Die Premiere der Orchesterversion fand am 4. Oktober 1910 in der Wiener Staatsoper statt und war ein uneingeschränkter künstlerischer und kritischer Erfolg. Interessanterweise wurde das Orchester von Felix von Weingartner geleitet, der Gustav Mahler an der Wiener Staatsoper nachgefolgt war und als Dirigent den kritischen Zorn von Julius Korngold erleben musste. Trotzdem zählte Weingartner zu den frühen Unterstützern von Erich Korngolds Musik. Die Hauptrollen im Ballett wurden bei der Premiere von Louise Wopalensky (Columbine) und Karl Godlewsky (Pierrot) verkörpert, wobei Letzterer auch als Choreograf diente.
Aus musikalischer Sicht bewegt sich Der Schneemann eindeutig innerhalb der stilistischen Grenzen der Spätromantik und ist stark an die Wiener Tanzmusik angelehnt. Wie von Programmmusik aus der Post-Wagner-Zeit zu erwarten, ist die Musik stark um Leitmotive strukturiert. Im Szenarium des Balletts wird beschrieben, dass Pierrot Violine spielt, was in der Musik natürlich durch lange Violinensoli repräsentiert wird.
Mit Der Schneemann konnte sich Korngold als bedeutender Komponist etablieren und erhielt viele weitere Aufträge, Aufführungsmöglichkeiten und Dirigate. Das Werk wurde bis zu den politischen Unruhen der 1930er-Jahre oft aufgeführt. Korngold selbst arbeitete bereits 1934 in Hollywood, kehrte aber regelmäßig in seine Heimatstadt Wien zurück. Nur einige Wochen nach dem Anschluss Österreichs erhielt Korngold einen großen Auftrag für Filmmusik in Hollywood. So konnten er und seine Familie dem tragischen Schicksal entkommen, das die große Mehrheit der jüdischen Bevölkerung Österreichs ereilte. Während der Nazizeit wurden Aufführungen von Korngolds Musik (und der seines Lehrers Zemlinsky) als so genannte entartete Musik verboten. Korngold aber feierte während den 1930er- und 1940er-Jahren in Hollywood große Erfolge.
Nach dem Zweiten Weltkrieg kehrte der Komponist regelmäßig nach Europa zurück, da er hoffte, sich wieder als „ernsthafter“ Komponist etablieren zu können. Er musste aber erkennen, dass man ihn, der zeitweilig als Vertreter der musikalischen Avant-Garde gegolten hatte, mittlerweile zwar als noch als Mitglied der Musikszene respektierte, aber als nicht mehr zeitgemäß betrachtete.
In den letzten Jahrzehnten hat sich Korngolds Ansehen bei den Kritikern wieder verbessert, insbesondere seit der Wiederaufführung seiner bekanntesten Oper Die tote Stadt in den frühen 1980er-Jahren. Heute möchte eine aktive Korngold-Gesellschaft die Erinnerung an diesen Komponisten aufrecht erhalten und die Aufführung und Verbreitung seiner Musik fördern. Es sind mehrere Aufnahmen von Der Schneemann erhältlich, sowohl in der Klavier- als auch in der Orchesterfassung. So wird sichergestellt, dass diese jugendlich frische, aber doch bemerkenswert reife Komposition eines der größten Komponisten des 20. Jahrhunderts einen festen Platz in den Repertoires von Orchestern und Pianisten behält.
William Grim, 2005
Aus dem Vorwort des Repertoire Explorer Miniature Score.
Für den Repertoire Explorer Miniature Score kontaktieren Sie bitte Musikproduktion Jürgen Höflich.