

Claudio Monteverdi
Il Combattimento di Tancredi e Clorinda
Kurz-Instrumentierung: 0 0 0 0 - 0 1 0 0 - Schl, Hf, Akk, Vl, Vl, Vc, Kb
Dauer: 25'
Bearbeitung: Klaus Simon
Text von: Torquato Tasso
Solisten:
Sopran
Mezzosopran
Bariton
Rollen:
Clorinda (Sopran) Testo (Mezzosopran) Tancredi (Bariton)
Instrumentierungsdetails:
Trompete
Schlagzeug
Harfe
Akkordeon
1. Violine
2. Violine
Violoncello
Kontrabass
Monteverdi - Il Combattimento di Tancredi e Clorinda für Kammerensemble
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Werkeinführung
Verwerflich?
Gedanken zu meiner Neubearbeitung von Claudio Montverdis ll Combattimento di Tancredi e Clorinda die in der Idee einer sinnvollen Kopplung von Luke Bedfords Oper Through his Teeth (2013/14) entstand.
Monteverdis Musik und v. a. sein Bühnenwerk wurde vor den Errungenschaften der historischen Aufführungspraxis immer in eigens dafür entstandenen Aufführungsfassungen gespielt. So ist die Monteverdi-Gesamtausgabe (erschienen zwischen 1926 und 1942) des italienischen Komponisten und Musikwissenschaftlers Gian Franceso Malipiero, wiewohl höchst verdienstvoll, heute als Kind ihrer Zeit zu verorten, da sie historisch etwas „inkorrekt” erscheint. Dynamische Anweisungen, Bögen usw. finden sich in seiner Ausgabe zuhauf: Das alles widerspricht dem Originaltext. Sie hat trotzdem entscheidend zur Wiederentdeckung Monteverdis beigetragen und ist auch heute noch in Umlauf.
Niemand geringerer als Luciano Berio hat in ähnlicher Manier 1966 Monteverdis Il Combattimento für Sopran, Tenor, Bariton, Cembalo und Streicher (drei Bratschen, Violoncello u. Kontrabass) arrangiert. Diese Ausgabe der Universal Edition wird auch heute noch von Ensembles wie den Münchner Philharmonikern oder dem DSO Berlin gespielt.
Man muss sich also die Frage stellen, ob es verwerflich oder gar anmaßend ist, nun eine weitere Fassung beizusteuern, die wieder einmal nicht historisch ist. Darf man das, wo doch mittlerweile überall hochklassige Barockorchester zu finden sind, die Monteverdi doch historisch „korrekt” aufführen könnten!?
Als der Regisseur Hendrik Müller und ich im Frühjahr 2015 entschieden haben zur ca. 55minütigen Oper Through his Teeth von Luke Bedford ein Ergänzungsstück zu suchen, haben wir beide uns schließlich für Monteverdis Il Combattimento entschieden. Uns gefiel der stilistische Kontrast bei gleichzeitigen inhaltlichen Parallelen. Wie bei Through his Teeth gibt es bei Il Combattimento drei Sänger, die wir quasi identisch übernehmen konnten. In Monteverdis Original wird der Testo und der Tancredi jeweils von einem Tenor gesungen. Beide Partien können jedoch sehr gut von einer Mezzosopranistin bzw. einem Bariton dargestellt werden, da die Tessitura selten hoch liegt.
So wird bei uns die Mezzosopranistin, die bei Bedford die Tripelrolle Interviewer/Sister/S darstellt, den Testo geben und der Tancredi wird von unserem Darsteller des R (also einem Bariton) übernommen. Clorinda bleibt wie im Original Sopran, wird also von der Sängerin der A gesungen.
Unser Ehrgeiz bestand darin, mit dem achtköpfigen Instrumentarium von Through his Teeth weitgehend auszukommen, wenn ich den Monteverdi für unsere Zwecke bearbeiten sollte. Die Holst-Sinfonietta (das Uraufführungsensemble – eigentlich ein Ensemble für Musik des 20. und 21. Jahrhunderts) sollte also erstmalig in ihrer 20jährigen Geschichte Alte Musik spielen! Für mich war das eine ungewohnte Aufgabe, wo ich doch normalerweise vornehmlich Mahler oder Berg arrangiere.
Was ist nun in meiner Neufassung von Il Combattimento verändert worden? Nicht eingesetzt wurde die Klarinette, die bei Bedford einen großen Part einnimmt, bei Monteverdi aber doch etwas zu anachronistisch anmutet. Stattdessen habe ich eine zweite Violine hinzugezogen, damit ein vierstimmiger Streichersatz möglich ist, wie ihn Monteverdi vorsieht. Eine Bratsche ist bei Bedford nicht besetzt, so müssen Violoncello und Kontrabass gelegentlich höher spielen als gewohnt – vor allem das Violoncello darf nun oft in Altlage spielen. Neu sind Harfe, Akkordeon, Trompete und Schlagzeug. Diese Instrumente habe ich dramaturgisch sehr bewusst verwendet:
Die Harfe wird als Haupt-Continuoinstrument eingesetzt, das bei den zahlreichen Rezitativen des Testo und im Orchestertutti eingesetzt wird. Sie ersetzt die Laute bzw. das Cembalo. Zusätzlich hat sie, wenn Clorinda singt, kleine Soli. Sie symbolisiert also insgesamt auch das Weibliche im Stück. Was wäre dazu besser geeignet als die Harfe, die schon immer als sehr feminines Instrument eingesetzt wurde. Das Akkordeon erklingt ausschließlich, wenn Tancredi singt, d. h. es wird alternativ zur Harfe als „männliches” Generalbassinstrument genutzt.
Trompete und Schlagzeug (Tamburin, Tomtom und Peitsche) unterstreichen tänzerische, festliche und kriegerische Stellen. Sie wurden also als kommentierende Schicht dazu komponiert. Dadurch hat das Monteverdiorchester in meiner Neufassung ein größeres Instrumentarium und verfügt somit über eine zusätzliche farbliche Palette verglichen mit dem Original und der Beriofassung. Dabei geht es mir um Abwechslung, Farbigkeit und Bühnenwirksamkeit.
Trotzdem ist es aber auch und gerade eine Referenz gegenüber Monteverdis Genie: Die drei Sänger singen 100% Monteverdi, der Geist des Frühbarock wird nicht gebrochen, sondern nur dramaturgisch verstärkt. Nicht mehr und nicht weniger.
Klaus Simon, Juli 2016