
Lio Hans
Maria von Magdala
Dauer: 180'
Text von: Richard Batka
Chor: SATB
Rollen:
Maria von Magdala
Sopran / Judas Ischerioth
Bariton / Abia
Tenor / Lucius
Tenor / Kefar
Bariton / Onuphris
Baß / mehrere kleinere Rollen (Ballett)
Instrumentierungsdetails:
3·3·4·3 - 4·3·3·1 - Pk., Schl., Glsp., Xyl., Magrephah - 3 Hf., Cel. - Str.
Die Oper „Maria von Magdala“, 1919 unter dem Pseudonym Lio Hans an der Wiener Volksoper uraufgeführt, ist eines der herausragendsten Werke der österreichischen Komponistin Lili Hutterstrasser-Scheidl und markiert einen Meilenstein in der Musikgeschichte des 20. Jahrhunderts. Als eine der ersten großen Opern einer weiblichen Komponistin in Österreich, bricht das Werk nicht nur musikalisch, sondern auch thematisch mit Konventionen. Im Mittelpunkt steht Maria Magdalena, eine der faszinierendsten Figuren des Neuen Testaments, die hier als vielschichtige, zutiefst menschliche Persönlichkeit gezeigt wird.
Das Libretto von Richard Batka beleuchtet Maria als Frau, die zwischen ihrer Vergangenheit als Außenseiterin und ihrem Streben nach spiritueller Erneuerung zerrissen ist. Die Oper folgt ihrem inneren und äußeren Weg, der sie durch Schmerz, Buße und Erlösung führt. Dabei geht es nicht nur um ihre Beziehung zu Jesus, sondern auch um die Frage, wie die Gesellschaft mit Frauen umgeht, die sich jenseits traditioneller Rollen bewegen. Diese komplexe Themenwahl spiegelt sich in einer musikalischen Sprache wider, die sowohl die spätromantische Tradition als auch moderne, expressionistische Elemente aufgreift.
Hutterstrasser-Scheidl verwendet in „Maria von Magdala“ eine vielschichtige Orchestrierung und ausdrucksstarke Vokalpartien, die die inneren Konflikte der Protagonistin akzentuieren. Sie experimentiert mit klanglichen Kontrasten und unkonventionellen Harmonien, um die Ambivalenz von Marias emotionalem Zustand widerzuspiegeln. Der Chor spielt eine zentrale Rolle, fungiert teils als Kommentator, teils als symbolische Stimme der Gesellschaft, die Maria beobachtet, verurteilt und letztendlich verstößt.
Bei der Uraufführung, dirigiert von Felix von Weingartner, stieß die Oper auf großes Interesse. Sie war ein mutiges künstlerisches Statement, das sowohl das Publikum als auch die Kritiker beeindruckte. In einer Zeit, in der Komponistinnen in der Opernszene noch selten Anerkennung fanden, gelang es Hutterstrasser-Scheidl, ihre individuelle musikalische Sprache und ihren weiblichen Blickwinkel erfolgreich zu präsentieren.
„Maria von Magdala“ ist damit nicht nur ein bedeutendes Werk der Opernliteratur, sondern auch ein wichtiger Beitrag zur Emanzipation von Frauen in der Musikgeschichte. Die Oper bleibt ein kraftvolles Beispiel dafür, wie weibliche Stimmen das Repertoire bereichern und erweitern können, indem sie neue Perspektiven und ungehörte Themen einbringen.