

Christian Dimpker
N. 31 F.a.u.s.t. oder Märchengeschichten der Metaphysik
Dauer: 32'
Solisten:
live electronics
N. 31 F.a.u.s.t. oder Märchengeschichten der Metaphysik
Übersetzung, Abdrucke und mehr

Christian Dimpker
N. 31 F.a.u.s.t. oder Märchengeschichten der MetaphysikAusgabeart: Noten
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Werkeinführung
F.a.u.s.t. (Facial action unit software treatment) oder Märchengeschichten der Metaphysik bringt Doktor Johannes Fausts Dreifachen Höllenzwang auf die Bühne. Diese Geisteranrufung wird von drei erfahrenen Exorzistïnnen und einer Dirigentïn begangen. Sie überführen durch Zauberkreise, Weihungen und Räucherungen Höllengeschöpfe in diese Welt – allen voran Mephistophieles und Bazarachiel. Zudem birgt das Werk erstmalig die neuartige kompositorische Errungenschaft der Mimiknotation. Sie wird dazu verwendet Kontrolle über die Schattengeschöpfe zu erlangen und die abstrahierten Zeichnungen Fausts mit einer dreidimensionalen, medial erzeugten Welt zu verschmelzen. Die Metaphysik ist der Bereich der Märchen. In diesem Stück wird die Trennung zur diesseitigen Welt aufgehoben – so wie es auch viele patriarchale Religionen praktizieren. Dadurch wird hier aber die Erde um bunte Geister reicher. Das Stück wurde mittels einer Partitur komplett ausformuliert und lässt sich so immer wieder neu und detailliert, ähnlich wie ein orchestrales Werk, an unterschiedlichen Orten in Abwesenheit der Komponistïn reproduzieren. Dieses ist die Schwarz-Weiß-Version der Partitur, die Farbversion kann allerdings auf dieser Seite eingesehen werden.
Was braucht man, um dieses Werk aufzuführen?
Dieses ist die Schwarz-Weiß-Version der Partitur, die Farbversion kann allerdings auf dieser Seite eingesehen werden.
F.a.u.s.t. steht für Facial action unit software treatment. Das Werk basiert auf Doktor Johannes Fausts Magia naturalis et innaturalis oder dreifacher Höllenzwang von 1505 und sollte an einem Theater im Vorprogramm zu einem auf dem Fauststoff beruhenden Drama aufgeführt oder mit einigen meiner (musikalischen) Werke kombiniert werden. Akteure sind drei Schauspielerïnnen, die eine klassische Instrumentalausbildung genossen haben oder z.B. auch (Opern-)Sängerïnnen oder schauspielerisch geübte Instrumentalistïnnen. Um die Aufführung zu erleichtern, werden einfache Tempo- und Taktarten gewählt. Außerdem leitet eine Dirigentïn alle Aktionen (inkl. Licht und Klang), gleicht Abweichungen aus und zerschlägt so die Illusion der Teufelsbeschwörung. Sie braucht zwei tragbare Leuchten, damit die Anweisungen auch im Dunkeln zu sehen sind, und bewegt sich entsprechend den Aktionen auf der Bühne (wie ein Schiedsrichterïn). Partituren können an verschiedenen Stellen verteilt werden, wenn sie die Laufwege der Spieler nicht beeinträchtigen. Falls es Sinn macht, kann auch seitlich vor der Bühne eine kleine Empore für die Dirigentïn gebaut werden. Weiter lässt sich der Grundaufbau der Arbeit auf S. V erkennen. Auf der Bühne befinden sich drei Mal zwei Fernseher, wobei die oberen Fernseher auf Tischen stehen und die unteren Fernseher direkt vor die Tische gesetzt bzw. in sie eingefasst werden. Die oberen Fernseher zeigen drei unterschiedliche Animationen, die in Teilen über die Mimik der drei Schauspielerïnnen kontrolliert werden. Die Schauspielerïnnen selbst verschwinden dabei hinter den Bildschirmen. Allerdings zeigen die unteren Fernseher die (entfremdeten) Gesichter der Schauspielerïnnen in Echtzeit. Dazu werden pro Tisch jeweils zwei Videokameras benötigt. Zwei dieser Kameras werden im Laufe des Stückes auch mit einem Gurt an die Köpfe der Schauspielerïnnen geschnallt bzw. auf Stative gesetzt. Die Animationen werden dabei vom zugehörigen Tisch aus kontrolliert, aber die Gesichter der Schauspielerïnnen werden von Tisch 1 an den unteren Fernseher von Tisch 3, von Tisch 2 an Tisch 1 und von Tisch 3 an Tisch 2 (wie angegeben) übertragen. Zudem zeigen (ad libitum, je nach Hausgröße) große, hochkannt gestellte (LED-)Leinwände ebenfalls die Animationen der Fernseher. Das Bild von TV 2 wird dazu um 90° im Uhrzeigersinn gedreht und auf Leinwand 3 wiedergegeben, das Bild von TV 4 wird um 90° gegen den Uhrzeigersinn gedreht und auf Leinwand 1 wiedergeben und das Bild von TV 6 wird um 90° im Uhrzeigersinn gedreht sowie horizontal gespiegelt auf Leinwand 2 wiedergegeben. Die Auflösung sollte mind. 1920 × 1080 Pixel (Digital Cinema) und das Bildformat 1.78:1 (16 × 9) betragen. Die Leinwände stehen möglichst weit hinten auf der Bühne. Weiter wird ein Projektor über der Bühne installiert, der Zauberkreise auf den Bühnenboden projiziert. Zudem befinden sich jeweils ein Mikrofon an Tisch 1 und 3 sowie zwei Mikrofone (alle mit Richtcharakteristik Niere) in XY-Anordnung an Tisch 2. Das Mikrofon von Tisch 1 sendet dabei (wie angegeben) an Lautsprecher 2 und das Mikrofon von Tisch 3 an Lautsprecher 1. Dieses wird durch eine weite Panning-Einstellung erzeugt, aber das Signal von dem anderen Lautsprecher nicht komplett stumm geschaltet. Zudem senden die Mikrofone von Tisch 2 an beide Lautsprecher. Alle weiteren Parameter werden auf den folgenden Seiten im Detail besprochen. Für weitere Ausführungen s. Dimpker: Kinetic notations for the visual and performing arts.
Außerdem werden folgende Industriewaren benötigt: Drei Lagen drei Finger breites holländisches Papier, auf das die Zauberkreise projiziert werden. Fünf von Rechts wegen geweihte Wachslichter, die auf einem Altar gebrannt haben. Sie werden wie auf S. V abgebildet in allen vier Teilen im Zauberkreis aufgestellt, das fünfte Licht bleibt unter Tisch 2. Die Lichter werden durch runde, transparente Glimmerscheiben gesichert und mit drei langen Feuerzeugen entzündet. Weiter benötigt werden: Des Sonntags um 12 Uhr besorgte/r Weihrauch, Myrrhe, Mastix und Aloe, zerstoßen zu einem Pulver (1. Räucherung). Fasspech und Schwefel zu einem Pulver zerstoßen (2. simulierte Räucherung). Knoblauch und Schneerose / Schwarze Nieswurz (Helleborus niger) zu einem Pulver zerstoßen (3. Räucherung). Wacholderholz, Kreuzdornholz und Türspähne (4. Räucherung). Für Pulver 1, 3 und 4 sind eiserne, unbenutzte Räuchergefäße mit Griff (und Gusseisenuntersetzern) nötig und für Pulver 2 eine tönerne Schale. Die ersten drei Pulver liegen zu Beginn des Stückes auf weißem Papier. Das vierte Räucherwerk ist bereits vorbereitet in einem Räuchergefäß und wird zu gegebenem Zeitpunkt auf die Bühne gereicht. Zudem müssen drei Bibeln, zwei Kessel Weihwasser, eine Sprühdose mit roter Farbe, ein Degen, ein neuer Besen und eine Atemschutzmaske (wie angegeben unter / auf den Tischen) besorgt werden. Falls es nicht möglich ist an einem Theater aus Sicherheitsgründen Räucherungen durchzuführen, können sie auch simuliert werden. Dazu können in den Gefäßen tragbare Nebelmaschinen (Dampf liegt am Boden) oder Hazer (Dampf verteilt sich gleichmäßig im Raum) installiert werden und das Entzünden der Kohle nur vorgetäuscht werden (s. Partitur für Details).
Der von den Exorzistïnnen I-III (E I-III) vorgetragene Text wird auf Deutsch und Englisch angegeben. Er darf und kann in alle Sprachen übersetzt werden. In der Partitur sind die ersten Worte jeder Äußerung angegeben. Die Kennzahlen dienen der Orientierung. Der vollständige Text ist im Anhang zu finden. Er kann kopiert und zusammen mit der Partitur verwendet werden. Wenn die Spielerïnnen hinter den Fernsehern sitzen, können sie den Text vorlesen. Wenn die Übersetzung zu kürzeren / längeren Passagen führt, kann das Tempo leicht angehoben / abgesenkt werden.