

Hans Krása
Verlobung im Traum
Kurz-Instrumentierung: 3 3 4 3 - 4 3 2 0 - Pk, Schl, Hf, Klav(2), Asax(Es), Str
Dauer: 135'
Libretto von: Rudolf Thomas, Rudolf Fuchs
Dichter der Textvorlage: Fjodor Michailowitsch Dostojewski
Chor: SA
Rollen:
Marja Alexandrowna
Mezzosopran / Sina
ihre Tochter
Sopran / Nastassja
Marjas Schwägerin
Alt / Der Fürst
Baßbariton / Paul
ein Verwandter des Fürsten
Tenor / Barbara
Alt / Der Archivar der Stadt Mordassow
Bariton / Sofja Petrowna
Mezzosopran
Instrumentierungsdetails:
1. Flöte
2. Flöte
3. Flöte (+Picc)
1. Oboe
2. Oboe
Englischhorn
kleine Klarinette in Es
1. Klarinette in B
2. Klarinette in B
Bassklarinette in B
Altsaxophon in Es
1. Fagott
2. Fagott
Kontrafagott
1. Horn in F
2. Horn in F
3. Horn in F
4. Horn in F
1. Trompete in B
2. Trompete in B
3. Trompete in B
1. Posaune
2. Posaune
Pauken
Schlagzeug
Harfe
Klavier
Klavier (auf der Bühne)
Violine I
Violine II
Viola
Violoncello
Kontrabass
Krása - Verlobung im Traum
Hörbeispiel
Werkeinführung
Die Oper Verlobung im Traum ist ein faszinierendes Produkt der demokratisch-mehrkulturellen Prager 1920er-Jahre. Das Libretto von Rudolf Fuchs und Rudolf Thomas wurde wegen der Verbreitungsmöglichkeiten auf Deutsch verfasst. Musikalisch-idiomatisch ist Krása zumindest ebenso tschechisch wie deutsch geprägt, offen für Einflüsse Janáčeks und böhmischer Volksmusik wie berührt von Zemlinskys spättonal-konstruktiver Meisterschaft und Schönbergs Radikalität. Krása erzählt eine zwischen Traum und Realität angesiedelte Geschichte als Oper – mit Dialogen, die sehr rasch in ausgebreitete Ensembleszenen übergehen, mit vehementen und charakteristischen ariosen Bekundungen, mit dramatisch packenden Chorbildern, mit beredten instrumentalen Abschnitten, die auf knappstem Raum Atmosphärisches erfassen. Zu den Höhenpunkten gehört ein mächtig aufrauschendes Vokalquintett und nicht minder das um ein Zitat aus Bellinis „Norma“ herumgebaute brillante Ensemble. Krásas Musik synthetisiert mit geradezu Mozartscher Finesse divergierende Zeitphänomene wie Jazz, Expressionismus, neusachliche Motorik sowie postromantischen Sensualismus.
Mit Dostojewskis Erzählung „Onkelchens Traum“ fand Krása einen reizvollen Opernstoff. Die Handlung spielt in einer russischen Kleinstadt. Es geht um Sina, deren ehrgeizige Mutter Marja Alexandrowna sie an den reichen, alten Fürsten, der zu Besuch in ihrem Haus weilt, verkuppeln will. Sina jedoch liebt den kranken Fedja, während der intrigante Paul, ein Verwandter des Fürsten, Sina liebt. Marjas Schwägerin Nastassja intrigiert aus Neid und Missgunst. Paulversucht die Heirat zu verhindern, da er ja selbst in das junge Mädchen verliebt ist und redet dem Fürsten ein, dass er die von Marja Alexandrowna geschickt zu später Stunde eingefädelte Verlobung mit Sina nur geträumt habe. Fedja ist inzwischen gestorben. Im Epilog wird vom Archivar die Geschichte zu Ende erzählt. Sina ist dem Drängen ihrer Mutter gefolgt und hat ihr glückloses Leben in einer konventionellen Ehe in der Provinz beendet.
Als ich mich entschlossen hatte, eine Oper zu schreiben, wurden mir Libretti in Fülle vorgelegt. Sie waren durchwegs „modern”, sachlich und revuehaft. Meine Musik ist aber weder sachlich noch revuehaft. Ich fand dann bei Dostojewsky die entzückende Novelle „Onkelchen träumt”. Das Textbuch vermeidet Schleuderhaftigkeit und Turbulenz. Es ist, wie ich glaube, dichterisch und still, und doch voll Spannung.
Wenn ich sage, daß ich von Schönberg komme, so möchte ich damit betonen, daß ich versuche, in meinen Kompositionen den leider so beliebten Leerlauf zu vermeiden und unter der Verantwortung schreibe, daß jeder Takt, jedes Rezitativ, ja jede Note zwingend mit dem ganzen verbunden sein müssen. Diese Logik, ohne die jede Komposition geistlos bleiben muß, erstarrt jedoch zu mathematisch-wissenschaftlicher Musik, wenn der Zweck der Oper: G e s a n g, nicht beachtet wird. Ich gestehe, daß ich mutig genug bin, als moderner Komponist melodiös zu komponieren. Damit ist auch meine Stellung zur Musik, ob sie nun modern heißt oder nicht, gekennzeichnet: strenge Fundiertheit innerhalb zugänglicher Melodik.
Hans Krása