

Alban Berg
Wozzeck
Kurz-Instrumentierung: 1 2 3 2 - 2 1 1 0 - Schl(2), Hf, Klav, Str
Dauer: 90'
Bearbeitung: John Rea
Text von: Georg Büchner
Libretto von: Alban Berg
Chor: Soldaten und Burschen, Tenor 1/2, Bariton 1/2, Bass 1/2
Mägde und Dirnen, Sopran 1/2, Alt 1/2
Kinder, Kinder
Rollen:
Wozzeck
Bariton
Tambourmajor
Tenor
Andres
Tenor
Hauptmann
Tenorbuffo
Doktor
Bass
1. Handwerksbursch
tiefer Bass und Sprechstimme 2. Handwerksbursch
hoher Bariton
Der Narr
hoher Tenor
Marie
Sopran
Margret
Alt
Mariens Knabe
Singstimme
Soldat
Tenor
Instrumentierungsdetails:
Flöte (+Picc.
Afl.(G))
1. Oboe
2. Oboe (+Eh.)
1. Klarinette in B (+Kl.(Es))
2. Klarinette in B (+Kl.(A)
Kl.(Es))
Bassklarinette in A (+3.Kl.(B))
Fagott
Kontrafagott
1. Horn in F
2. Horn in F
Trompete in C
Bassposaune
1. Schlagzeug
2. Schlagzeug
Harfe (+Trgl.
Hbck.)
Klavier (+Cel.
Synth.
Trgl.)
ViolineI(+Fidel)
ViolineII
Viola
Violoncello
Kontrabass
Berg - Wozzeck
Gedruckt/Digital
Übersetzung, Abdrucke und mehr

Alban Berg
Berg: Wozzeck - op. 7Ausgabeart: Dirigierpartitur
Sprache: Deutsch | Englisch | Französisch
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Werkeinführung
John Rea über seine neue Orchesterfassung:
Nein, ich war nicht vom Wahnsinn befallen, von keiner bestrickenden “Idée fixe” und von keiner “aberatio mentalis partialis, zweite Spezies”, wie der Doktor zu Wozzeck sagt. Trotzdem bereitete mir das Projekt, Alban Bergs farbige Partitur in eine 'Miniatur' umzuwandeln, erhebliche Schmerzen. Ich muss zugeben, dass mir gelegentlich der Boden unter den Füßen entglitt. Und wie hätte es auch anders sein können, wo inmitten des Projekts ein überraschendes Paradoxon auftauchte: ob es mir gefiel oder nicht – die Notwendigkeit der Reduktion bedeutete in Wahrheit Ausdehnung, ja Erweiterung! Wie das? Es ist die überaus intensive Arbeit, die von jedem der 21 Musiker, aus denen das Kammerorchester besteht, verlangt wird. Sie haben öfter zu spielen als in der Originalpartitur, indem sie musikalische Teile interpretieren, die ihnen oft nicht 'gehören'.
Nachdem die Dirigentin Lorraine Vaillancourt 1992 das Ansinnen an mich herangetragen hatte, mir "eine Version des Wozzeck für das Nouvel Ensemble Moderne – NEM" auszudenken, kam ich nach dem Studium der Orchesterpartitur zu dem Schluss, dass nicht weniger als 21 Musiker erforderlich sein würden, um die Musik vital und unwiderstehlich zu machen. Und so stieß ich, ausgehend vom 2. Akt, 3. Szene (die zentrale Szene der gesamten Oper, d.h. das Largo) – bereits in Miniatur – auf die 15 Instrumente der Kammersymphonie, Op.9 von Arnold Schönberg, an den diese Szene eine Hommage ist. Dann eine Überlappung mit einer etwas anderen Konfiguration des üblichen NEM-Ensembles - eine Harfe hier, ein zweiter Schlagzeuger dort, et voilà – schon sind die 21 Musiker beisammen. Bergs Instrumentenauswahl ist an diesem Punkt der Oper nicht ohne Interesse. Man erinnert sich, dass Berg viele Jahre davor vergeblich versucht hatte, dieses Meisterwerk Schönbergs auf ein Stück für zwei Klaviere zu 'reduzieren', und dass das Projekt gescheitert war. Es war Webern, der eine Version für Streichquartett und Klavier (oder alternativ für Flöte, Klarinette, Geige, Cello und Klavier) verfasste. So war ich einigermaßen erleichtert – meine Arbeit würde nicht als Verrat betrachtet werden -, dass diese Art 'Übersetzung' einer Komposition in ihre Kompaktversion genau in dieser Tradition angesiedelt war, in der Tradition der drei Wiener Komponisten.
Aber wie präsentiert sich diese Reduktion in Form einer 'Vergrößerung'? Ein Teil der Ausarbeitung besteht in Transkriptionen, vor allem in den Passagen, wo Berg viel Kammermusik schreibt. Besonders gut hört man das im 2. Akt in der 2. Szene (Marie mit ihrem Kind). Eine weitere angewendete Technik war die Reduktion selbst. Das ist durchaus verständlich, wenn man bedenkt, dass der Blasinstrumententeil jedes Instrument allgemein mit vier multipliziert, und dass die Partitur des Komponisten 30 Holz- und Blechbläser und zwischen 50 und 60 Streicher verlangt. Dann wird eine Neufassung erarbeitet, ein Verfahren, das variabel angewendet wird. Fast jeder Takt zwingt einen, den musikalischen Gedanken mit einer Klangfarbenmaske zu vervollständigen, also mit einer Instrumentalfarbe, die von Berg ursprünglich nicht gewählt war, sondern die sich für die Aufgabe anbietet. Die Neuorchestrierung beinhaltet auch neue Unisono-Verdoppelungen bestimmter Melodielinien, die diese deutlich hervortreten lassen.
Schließlich nähert sich die Technik der Neuorchestrierung der Kompositionskunst an, wenn man gezwungen ist, enorme Klangaggregate, die ihrer Natur nach den heilsamen Akt einer Transkription, einer Reduktion und der Verwendung von Klangfarbenmasken transzendieren, 'auseinander zu nehmen'. Das ist im 3. Akt, 4. Szene (Wozzeck ertrinkt; Invention auf einem Sechstonakkord) ausgezeichnet zu hören. Dort war ich gezwungen, auf Manuskriptpapier alle Stimmen aller Tonhöhen neu zu schreiben, bevor ich die Instrumentalfarben zuteilte, eine Aufgabe, bei der ich nicht nur den Geist der Komposition zu berücksichtigen hatte, sondern auch die Struktur der Passage. Das Ergebnis ist keine Komposition im strengen Sinn und sicher kein Arrangement, weil man bei einem Arrangement davon ausgeht, dass die Möglichkeit der Manipulation von Tonhöhen in allen Registern besteht, die für notwendig gehalten werden. Stattdessen handelt es sich um eine neue Disposition, die Bergs Instrumentalfarben ebenso wie die wahren Register der Partitur so gut wie möglich erhalten sollte. Denn der Akt der Änderung dieser Register wäre fraglos ein bedauerlicher Betrug gewesen.
Letzten Endes wollen wir an eine akustische Illusion glauben: als ob es Berg selbst gewesen wäre, der diese instrumentale 'Neuverteilung' seiner eigenen Partitur vornahm, wenn auch vergrößert.