

Friedrich Cerha
Quellen
Kurz-Instrumentierung: 0 0 1 0 - 1 0 1 0 - Schl(3), Akk, Org, Ssax, Git, Str(1 1 0 0 0)
Dauer: 13'
Instrumentierungsdetails:
Klarinette in A
Sopransaxophon in B
Horn in F
Posaune
1. Schlagzeug
2. Schlagzeug
3. Schlagzeug
Gitarre (verstärkt)
Akkordeon
Orgel
Violine
Viola
Cerha - Quellen für Ensemble
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Hörbeispiel
Werkeinführung
Nachdem ich in meiner Oper Baal eine Sprachwelt erreicht hatte, in
der alle meine bisherigen Erfahrungen nahtlos zu einem vielfältigen
musikalischen Organismus verschmolzen erscheinen, galt in der Folge ein für
mich wesentliches Interesse einer weiteren Differenzierung meiner Vorstellungen
auf rhythmisch-metrischem Gebiet. Eine etwa um 1980 einsetzende und sich
zunehmend intensivierende Beschäftigung mit außereuropäischer Musik hat diese
Interessen entscheidend gefördert. Sie kommen in meinen beiden
Streichquartetten von 1989/90 am stärksten zum Tragen. In Quellen sind sie nur teilweise wirksam.
Der Titel des Stücks bezieht
sich darauf, dass ich bei der Konzeption mir klar zu werden versuchte, aus
welchen Wurzeln meine musikalischen Vorstellungen kommen. Vielleicht im Zusammenhang
damit, dass ich eben eine schwere Krankheit überlebt hatte, begann ich, eine
Bilanzierung meiner musikalischen Mittel vorzunehmen, das Repertoire meiner
Phantasie kritisch zu durchforsten und alles zu eliminieren, was sich an oft
Geübtem und allzu Bewährtem angesammelt hatte. Es blieb noch genug an
Gewohnheiten im sprachlichen, gestischen und handwerklichen Bereich. Aber Quellen meiner Inspiration sollten
klarer, deutlicher hervortreten.
Meiner Lebenssituation
entsprechend herrscht ein kontemplativer Charakter vor, eine Atmosphäre der
Einfachheit und Stille. Der erste Abschnitt wird abrupt beendet durch eine
Folge von Forte-Akkorden, die dann für den Schluss des Stückes von Bedeutung
sind. Polymetrische Überschichtungen zumeist aus afrikanischen Rhythmen
abgeleiteter Bildungen schaffen „geschäftige“ Inseln inmitten der Meditation.
Ein vielfältiger Umgang mit dem musikalischen Material erlaubte auch das
Hereinnehmen einer Passage aus dem letzten vorhergehenden Orchesterwerk, der Langegger Nachtmusik III. Ungewöhnlich
für mich ist über weite Strecken das Fehlen von Bassinstrumenten, was den Klang
gewissermaßen „in der Luft hängen lässt“; auch in sehr vieler außereuropäischer
Musik ist dies der Fall. Die Dominanz des Bassfundaments ist demgegenüber ein besonders
wirksames Spezifikum der abendländischen Musik, der gleichwohl natürlich auch
meine Quellen zuzuordnen sind.
Friedrich Cerha