

Luciano Berio
Rendering
Kurz-Instrumentierung: 2 2 2 2 - 2 2 3 0 - Pk, Cel, Str(14 14 12 10 8 oder 8 8 6 6 4)
Dauer: 35'
Bearbeitung: Luciano Berio
Widmung: Dedicato a Riccardo Chailly
Instrumentierungsdetails:
1. Flöte
2. Flöte
1. Oboe
2. Oboe
1. Klarinette in B
2. Klarinette in B
1. Fagott
2. Fagott
1. Horn in F
2. Horn in F
1. Trompete in C
2. Trompete in C
1. Posaune
2. Posaune
3. Posaune
Pauken
Celesta
Violine I(14(8))
Violine II(14(8))
Viola(12(6))
Violoncello(10(6))
Kontrabass(8(4))
Schubert; Berio - Rendering für Orchester
Gedruckt/Digital
Übersetzung, Abdrucke und mehr

Luciano Berio
Schubert: Rendering für OrchesterInstrumentierung: für Orchester
Ausgabeart: Partitur
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Hörbeispiel
Werkeinführung
Luciano Berios vielleicht bedeutendste „Ricomposizione” im Sinne einer Neusicht alten Materials stellt das Werk Rendering nach Vorlagen und Motiven von Franz Schubert dar. Es entstand 1988/89 für das Concertgebouworkest Amsterdam und wurde unter der Leitung von Nikolaus Harnoncourt uraufgeführt.
Berio schreibt über seine Arbeit an Rendering:
In den letzten Wochen seines Lebens fertigte Franz Schubert vielerlei Skizzen zu einer Zehnten Symphonie in D-Dur (D 936 A) an. Diese Entwürfe sind ziemlich komplex und von vollendeter Schönheit. Es sind dies weitere deutliche Hinweise für Schuberts Entwicklung, welche vom Einfluss Beethovens wegführt. Rendering mit seiner zweifachen Autorenschaft soll eine Restaurierung dieser Skizzen sein, keine Vollendung oder Rekonstruktion. Diese Restaurierung folgt den Richtlinien einer modernen Freskorestaurierung, die auf eine Auffrischung der alten Farben abzielt, ohne die durch die Jahrhunderte entstandenen Schäden kaschieren zu wollen, wobei sogar leere Flecken im Gesamtbild zurückbleiben können (wie etwa im Falle Giotto in Assisi).
Gelegentlich finden sich in den Entwürfen, welche hauptsächlich in Form eines Klaviersystems notiert sind, auch Instrumentationshinweise. Diese sind jedoch meist in Kurzschrift geschrieben und mussten vor allem in den mittleren und unteren Stimmen ergänzt werden. Die Orchestrierung folgt jener der Unvollendeten, aber während die offensichtlich Schubert’schen Klangfarben erhalten blieben, zeigen sich in der musikalischen Entwicklung der Komposition Episoden, die sich an Mendelssohn anzunähern scheinen, und die Orchestrierung möchte dies widerspiegeln. Darüber hinaus lässt die Expressivität des zweiten Satzes aufhorchen, welchem der Geist Mahlers innezuwohnen scheint.
Die Skizzen sind durch ein sich ständig wandelndes musikalisches Gewebe verbunden, immer „pianissimo” und „fern”, untermischt mit Anklängen an das Spätwerk Schuberts (die Klaviersonate B-Dur, das Klaviertrio B-Dur, usw.) und durchsetzt mit polyphonen Passagen aus Fragmenten derselben Skizzen. Dieser musikalische „Zement” bildet den fehlenden Zusammenhang und füllt die Lücken zwischen den einzelnen Entwürfen. Er wird stets durch Celestaklänge angezeigt und soll „quasi senza suono” und ohne Ausdruck gespielt werden.
Während der letzten Tage seines Lebens nahm Schubert Unterricht in Kontrapunkt. Notenpapier war teuer, und dies könnte der Grund dafür sein, dass sich unter den Skizzen zur Zehnten Symphonie eine kurze, einfache Kontrapunktübung findet (ein Kanon in Gegenbewegung). Diese wurde ebenfalls instrumentiert und dem Andante eingegliedert.
Das beschließende Allegro ist gleichermaßen beeindruckend und der wohl polyphonste Orchestersatz, den Schubert jemals komponiert hat. Diese letzten Entwürfe sind trotz ihres sehr fragmentarischen Zustandes von hoher Homogenität und zeugen von Schuberts Versuchen, ein und dasselbe thematische Material auf verschiedene Art und Weise kontrapunktisch zu verarbeiten. Diese Skizzen zeigen abwechselnd den Charakter eines Scherzos und eines Finales. Diese Zweideutigkeit (welche Schubert wahrscheinlich in einer neuartigen Weise gelöst oder aber verschärft hätte) war von besonderem Interesse: der musikalische „Zement” soll neben anderen Besonderheiten eben diese Doppelbödigkeit strukturell hervorheben.