

Roman Haubenstock-Ramati
*27. Februar 1919
†3. März 1994
Werke von Roman Haubenstock-Ramati
Biographie
Geboren 1919 in Krakau. Gestorben 1994 in Wien. Zwischen den beiden Daten erstreckt sich die Geschichte, das Schicksal eines Überlebenden.
Ein polnischer Jude oder ein jüdischer Pole? Nach dem Einmarsch der faschistischen Truppen in Polen am 1. September 1939 spielte diese spekulative Distinktion keine Rolle mehr: die Familie musste flüchten. Bis sich die Sowjetunion den Alliierten anschloss, wurde Roman Haubenstock-Ramati mehrmals verhaftet und verschleppt – dann plötzlich freigelassen. Sein Versuch, sich der freien polnischen Armee anzuschließen, scheiterte, er erkrankte an Flecktyphus, genas und schließlich – über Turkmenistan, Afghanistan und Iran – gelangte er nach Palästina.
1947 kehrte Roman Haubenstock-Ramati nach Krakau zurück, wurde Leiter der Musikabteilung im polnischen Rundfunk – bis 1950, als er sich entschloss, nach Israel (zwei Jahre zuvor gegründet) zurück zu kehren. Wieder ein Neubeginn. RHR (er wurde später unter diesem Kürzel bekannt) wurde beauftragt, eine Musikbibliothek zu gründen, der er als Direktor vorstand.
Komponieren hat er schon in seiner Kindheit angefangen, mit 18 schrieb er ein Stück, das in Krakau öffentlich aufgeführt wurde – die Musik wies Spuren des Einflusses von Szymanowski und Strawinski auf.
Die Flucht aus Polen führte zunächst nach Lemberg, wo der junge Mann in der Musikhochschule auf den Schönberg-Schüler Józef Koffler traf, „der ihm das musikalisch so neu aufgebrochene Feld der Wiener Schule erschloss, das abgewandelt bald auch sein eigenes werden sollte, indem er es weit gefasst zur geistigen Heimstätte machte. Koffler, 1943/44 hingerichtet, komponierte formal historisch gebunden streng zwölftönig, ohne seine Schüler mit dem gleichen Stilkorsett zu bedrängen. Webern schätzte er sehr, obwohl er dessen Musik als in eine Sackgasse führend erachtete. Ganz anders RHR: Webern faszinierte ihn ab der ersten Partitur, der er, noch in Krakau, habhaft wurde …und Weberns wegen habe er mit Koffler wiederholt heftig ‚in aller Liebe füreinander’ gestritten. Das Diplom zum Studienabschluss blieb ihm darum nicht verwehrt.“ (Lothar Knessl)
Die Musik, die RHR in Israel komponierte, erwies sich für die dortigen Musiker viel zu gewagt, Aufführungsversuche scheiterten. Erstaunlicherweise erfuhr Heinrich Strobel in Deutschland von diesen Schwierigkeiten und programmierte das Stück 1954 in Donaueschingen. Diese fast als Märchen anmutende Geschichte hatte ein happy ending: der Erfolg der Premiere zeitigte Aufträge. Im selben Jahr schrieb RHR sein Concerto für Cembalo Recitativo ed aria; für das Mozart-Jahr 1956 entstand, als Teil des „Divertimento für Mozart“, Haubenstock-Ramatis Beitrag, Papagenos Pocket-Size Concerto für Glockenspiel und Orchester. Dass beide Werke bei der Universal Edition verlegt wurden verdankte RHR dem Treffen mit Alfred Schlee, dem Direktor des Verlages, der ihn als Mitarbeiter verpflichtete. Im September 1957 übersiedelte der Komponist, samt Familie, nach Wien. In der Universal Edition übernahm er das Musiklektorat, „behielt aber auch Verlagsprogramme kritisch im Auge, gab grafische Anregungen für Publikationen und focht, eintreffende und eigene Stücke bedenkend, einen erfolgreichen Strauß zugunsten notwendig neuer Partiturnotationen aus.“ (Lothar Knessl).
Zwischen 1973 und 1989 unterrichtete RHR Komposition als ordentlicher Professor an der Hochschule für Musik und darstellende Kunst – Beat Furrer war einer seiner erfolgreichen Studenten.
Wie eine Reihe anderer Komponisten, hatte Haubenstock-Ramati auch eine zeichnerische Begabung. Er schuf Grafiken, die der bildenden Kunst zuzuordnen sind und Partituren, die zwar einen eindeutigen ästhetischen Reiz haben, aber für Aufführungen gemeint sind. Immer wieder wurden seine Arbeiten in Ausstellungen gezeigt, auch hat er in Donaueschingen eine Schau für grafisch notierte Partituren organisiert.
Den Menschen Roman Haubenstock-Ramati hat Lothar Knessl folgendermaßen charakterisiert:
„RHR wurde ein stiller Mensch und blieb es. Unaufdringlichkeit kennzeichnete ihn, seine Musik, seine Bilder, eine distanziert-liebenswerte, anregende Unaufdringlichkeit, Kühle mit Tönungen der Wärme. Abseits vom glänzenden Lichterbogen öffentlich-spektakulärer Präsentation ging er durchs Leben und sollte darum desto weniger übergangen werden.“
Roman Haubenstock-Ramati wurde am 27. Februar 1919 in Krakau geboren, studierte dort Musikwissenschaft und Philosophie sowie Komposition bei Artur Malawski und nahm dann noch Unterricht bei Jósef Koffler in Lemberg.
1947 – 1950 war er Leiter der Musikabteilung von Radio Krakau, 1950 – 1956 in Tel Aviv Direktor der Zentralen Musikbibliothek sowie Professor an der Musikakademie.
1957 kehrte er nach Europa zurück, arbeitete zunächst am Studio de Musique Concrète in Paris, wo er wichtige Anregungen durch Olivier Messiaen erhielt und wurde dann Lektor und musikalischer Berater der Universal Edition in Wien; in Wien nahm er auch seinen ständigen Wohnsitz. Als Gastprofessor in Buenos Aires, Stockholm sowie an der Yale University war er pädagogisch tätig.
1973 nahm er eine Berufung an die Wiener Hochschule für Musik und darstellende Kunst an, wo er bis 1989 als ordentlicher Hochschulprofessor einen Klasse für Komposition leitete. Neben der Komposition widmete sich Haubenstock-Ramati der Entwicklung neuer Notationsformen und der Musikgrafik. Träger des Großen Österreichischen Staatspreises für Musik.
Roman Haubenstock – Ramati starb am 3. März 1994 in Wien, eine Woche nach dem Festkonzert anlässlich seines 75. Geburtstages im Wiener Konzerthaus.